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b.o.f.h.
 
  bastard operator from hell  


Soweit der B.O.F.H. das einzuschätzen vermag, werden die Leute von der Systembetreuung nicht vom Geist der Weihnachtszeit beflügelt. Ganz im Gegenteil ...

Es ist Weihnachtszeit und die Schleimerei erreicht Rekordwerte, denn für morgen sind die Schecks mit dem Weihnachtsgeld angekündigt, also will jeder seine Bedeutung im den Augen der IT-Chefs steigern. Natürlich haben sie dabei alle völlig vergessen, daß die anhand der Kundenzufriedenheit durchgeführten Berechnungen im vergangenen Jahr nur zwei Schecks mit extrem hohen Summen hervorgebracht hatten. Ich muß gestehen, daß der PJ und ich darüber wirklich überrascht waren, doch wie wir alle wissen, irren Computer sich ja nie.
 
Das Problem ist nur, daß der IT-Chef selbst sich wegen einer Extra-Belohnung bei seiner Weihnachtsparty bei einer Frau aus der Werbeabteilung einzuschmeicheln versucht, indem er ihr eine technische Position in der Abteilung anbietet. Sehr viel technischer als die Position, die er ihr bietet, wenn er es schafft, sie während der Party im Kopiererraum zu treffen.
 
Als ich durch die Nutzerbetreuung schleiche, um die Menge vor dem Büro des IT-Chefs zu umgehen, klingelt ein Telefon. Voller Weihnachtsfreude nehme ich den Anruf an.
 
"Hallo, hier ist Bruce aus der Marketing-Abteilung. Jemand scheint das Administrator-Passwort für die Website der Firma geknackt und die Webseiten verändert zu haben. Ich würde unsere Website gern gegen Hacker schützen, damit während der Weihnachtsferien nichts passiert."
 
"Wirklich?" frage ich und erinnere mich daran, wie leicht es war, die Produkt-Abbildungen gegen Bilder auszutauschen, die unsere Kunden wirklich begeistern werden. "Nun, dann sollten sie einfach das Passwort ändern."
 
"Was soll ich nehmen? Nur ein paar Buchstaben und Satzzeichen?"
 
"Nein, seien sie doch nicht albern, nehmen sie etwas, daß sich niemand aufschreiben muß, um sich daran zu erinnen. Den Namen der Firma zum Beispiel. Ich bin sicher, daß das ausreicht."
 
"Wirklich? Jemand aus der Systembetreuung sagte, wir sollten das Passwort so kompliziert wie möglich gestalten."
 
"Natürlich haben sie das gesagt." bemerke ich und erinnere mich nur zu gut an den alptraumhaften Ärger, den das Bestellsystem in den letzten Wochen verursacht hat. "Die Leute haben es gern, wenn sie angerufen werden, weil jemand das Passwort vergessen hat."
 
"Das stimmt", antwortet er und erinnert sich ebenfalls gut an die damit verbundene Schande.
 
Ich lege auf und schaue nach, wie weit der PJ mit seiner ´Kundenzufriedenheitsumfrage´ gekommen ist. Ein wenig Datenanpassung hat schließlich noch niemandem geschadet.
 
Alles was ich noch tun muß, ist, mich darum zu kümmern, daß ich die Aufmerksamkeit des Chefs auf mich ziehe. Ich bewaffne mich also mit den Bilanzen der IT-Abteilung, locke ihn in die Falle und lulle ihn mit bizarren Begriffen wie Betriebsausgaben, innerbetriebliche Wertschöpfung, Kontenausgleich und ähnlichem ein, bis seine Augen glänzen, um ihn dann auf die kreative Buchführung hinzuweisen, um die es mir geht.
 
"Und hier habe ich unser Anlagevermögen in Euro umgetauscht, wie wir das 1999 sowieso machen müssen. Ich dachte, es sei gut, wenn wir unsere Programme so früh wie möglich testen, denn dann können wir die Fehler schneller finden - und sie vor der Umstellung rechtzeitig beseitigen."
 
"Oh, natürlich", antwortet der Chef. "Gute Idee. Und was ist das da?"
 
"Hier habe ich alles wieder in Pfund umgetauscht, da wir im Moment den Euro ja noch nicht brauchen und auch noch nicht verwenden."
 
"Aber die Ausgangs- und die Endwerte unterscheiden sich um ungefähr zehntausend Pfund!"
 
"Ja, nun, dieser Wechselkurs, die Kommission, die Bearbeitungsgebühr und die Steuern müssen schließlich auch bezahlt werden."
 
"Oh, Mann!" ruft der Chef aus. "Hoffentlich müssen wir nicht viele Tests dieser Art durchführen."
 
"Nun, man kann nie sicher sein. Ich weiß, daß wir noch einen Test machen werden, bevor ich im nächsten Jahr meinen Osterurlaub antrete, doch abgesehen davon liegt alles in Gottes Hand - wer weiß, zu wievielen Tests uns die Buchprüfer noch verpflichten werden."
 
"Hmm, nun, dann sollten wir bis zur Umstellung im Interesse der Firma wohl die Buchprüfer davon abhalten, daß sie unsere Finanzen prüfen - sehen sie ein Problem darin?"
 
"Nein, da fällt mir im Augenblick nichts ein." antworte ich.
 
"Gut. Aber was ist denn das da?" fragt er und deutet auf die einzige Grafik in roter Farbe.
 
"Das?" frage ich. "Oh, das ist das Geld aus dem Budget der Systembetreuer, das angeblich niemand ausgegeben hat. Es scheint in zwei größeren Summen ausgezahlt worden zu sein, als zwei Systemleute ihren Urlaub antraten."
 
"Oh", sagt der Chef und hat meine Erklärung für die finanziellen Unstimmigkeiten bei uns schon wieder vergessen.
 
"Es ist schon lustig, daß das Geld genau dann verschwand, als sie ihren Urlaub antraten." sage ich, um seinen Verstand wieder in die richtige Richtung zu lenken.
 
"Sie meinen, daß die uns bestohlen haben?" fragt der Chef, als die Erleuchtung seinen Geist erhellt.
 
"Ich befürchte, diese Zahlen lassen keinen anderen Schluß zu", seufze ich traurig.
 
"Soll ich die Polizei rufen?"
 
"Mit welcher Begründung?" will ich wissen. "Das ist nur eine Zusammenfassung der Kontenbewegungen. Damit sie jemanden strafrechtlich verfolgen können, müssen wir eine komplette Buchprüfung mit all den Prüferrechnungen, möglichem Euro-Umtausch, Steuern, Gebühren und den Kosten für die Prüfungserlaubnis durchführen."
 
"Prüfungserlaubnis?"
 
"Die Erlaubnis, die Buchprüfung in zusätzlicher Zeit vorzunehmen", erkläre ich ihm. "Für die Arbeit in den Weihnachtsferien. Das könnten gut fünfzehntausend Pfund werden, schätze ich. Und dabei gibt es keine Garantie dafür, daß sie auch bestraft werden."
 
"Also werfe ich sie raus ...", ruft er.
 
"... und riskieren, für einen Rausschmiß ohne Grund verantwortlich gemacht zu werden."
 
"Aber etwas muß doch dagegen unternommen werden."
 
"Stimmt", antworte ich. "Und zwar vor dem nächsten Bilanztag, der in der zweiten Januarwoche liegt, wenn ich mich nicht irre."
 
"Was schlagen sie vor?"
 
"Nun, sie können ihnen eine Abfindung zahlen und den Vertrag am 1. Januar nicht verlängern." schlage ich vor.
 
"Ausgezeichnet. Aber ..."
 
"Aber?" will ich wissen.
 
"Wer wird sich um die Systembetreuung kümmern?"
 
"Nun, das ist nicht besonders viel Arbeit. Ich meine, wir könnten uns darum kümmern, wenn wir einen weiteren Lehrling einstellen würden. Wir könnten bis Mitte Januar bereit sein."
 
"Wirklich?"
 
"Natürlich würde das einen höheren Stundensatz für uns bedeuten."
 
"Oh ..."
 
"Was aber viel weniger wäre, als wir am 10. Januar verlieren würden, wenn die Situation sich nicht ändert."
 
"In Ordnung, dann machen wir es so", ruft der Chef und watschelt davon, um es so zu machen.
 
Ich erkläre dem PJ die letzten Entwicklungen, als die System-Leute sich selbst zu Knochenbrüchen verhelfen - die neuen Sicherheitsleute gehen ziemlich hart gegen Widerstand vor, wenn man sich weigert, das Haus zu verlassen. Vermutlich ehemalige Elite-Soldaten.
 
"Noch mehr Arbeit?" jammert der PJ.
 
"Verbunden mit einer Lohnerhöhung."
 
"So?"
 
"Und sie bekommen eine neue Auszubildende."
 
"Was verdammt ..."
 
"Ihrer Wahl."
 
"Und?"
 
"Und ist es nicht Zeit, mit der ´Befragung´ von Bewerberinnen aus der Werbeabteilung zu beginnen? Natürlich erst dann, wenn der Abteilungsleiter mit dem ´Kopieren´ fertig ist."
 
"Hä?" ruft der PJ, doch dann kommt auch sein Verstand auf Touren.
 
"Genau, bezeichnen sie mich ruhig als einen sentimentalen Weihnachtsmann ..."


 
b.o.f.h.

© Simon Travaglia, 10.12.1997, Übersetzung: thomas w., 2000.