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bastard operator from hell | ||
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Der B.O.F.H. verkauft SOFTWARE-MÜLL ...
An manchen Tagen WEISS man einfach, daß es dort oben jemanden gibt, der gegen einen arbeitet. (In der fünften Etage, nicht Gott ...) Und so kommt es, daß ein Umschlag mit interner Post seinen Weg auf den Schreibtisch des Chefs findet, in seinen Mülleimer, aus seinem Mülleimer heraus, hinüber zum Kaffee-Automaten, in die Toilette, zurück auf seinen Schreibtisch, wo er schließlich geöffnet wird, zehn Minuten Aufmerksamkeit erntet, ein paar längere Worte im Lexikon nachgeschlagen und mit Notizen versehen werden, dann wieder zum Automaten, zurück in die Toilette, zurück zum Kaffee-Automaten und schließlich in mein Büro. Vermute ich ... "Schauen sie sich das einmal an." murmelt der Chef, während er einen Stapel Hochglanzbroschüren auf meinen Tisch wuchtet, deren einziger Zweck es ist, mental schwächere Trottel zu beeindrucken. "Das ist ein Stapel Papier für den Lokus", sage ich. "Was?! Oh, ja, wie kommt das nur hierher. Nicht das, sondern das hier!" antwortet er und hantiert nervös mit den verräterischen doppellagigen Papiertüchern. "Was soll das denn genau sein?" frage ich. "Ah, eine neue Software, die unsere Geschäftsabläufe noch besser nachbilden kann." zwitschert er schnell. "Wirklich? Ich hätte nicht geglaubt, das es auf dem Markt eine ernsthafte Konkurrenz zu unserem bisherigen Programm gibt", antworte ich unbeeindruckt. "Es sei denn, OS/2 würde wiederauferstehen ..." "Ja, ja, natürlich", murmelt er, offensichtlich vom schwierigen Nachdenken, was es heute wohl in der Kantine gibt, abgelenkt. "Aber schauen sie sich das einfach einmal an und sagen sie mir, was sie davon halten." "In Ordnung", gebe ich nach. "Das ist ein Stapel bunter Broschüren, gedruckt auf ... Papier, das 100 Gramm pro Quadratmeter wiegen dürfte, und beim Druck wurde ein Verfahren zur Mischung der Farben verwendet, das sie heute bei ..." "DIE SOFTWARE IN DEN BROSCHÜREN!" schreit er. "Oh, die Software meinen sie! Nun, werfen wir einen Blick darauf." Meine ersten Vermutungen waren korrekt. Der "DIE SOFTWARE, DIE IHR UNTERNEHMEN *NICHT* IGNORIEREN DARF!!!"-Aufkleber ist schon eine deutliche Bestätigung. "ZEHN JAHRE ERFAHRUNG!!" bestätigt es nur noch einmal. "Das ist Schrott!" "Wie können sie das behaupten - sie haben doch noch nicht einmal in die Broschüren hineingeschaut!" "Ich muß nicht hineinschauen, diese Broschüren sehen alle gleich aus. Innen werden sie ein paar bunte Statistiken finden, die bestätigen, was immer ihre Macher behaupten, ein kleines Bild eines schmächtigen Kerls mit Brille und einem Abschluß in Informatik, der das Programm liebt, und die Namen einiger Firmen, die so dumm waren, die Software zu kaufen. Und auf der Rückseite steht noch, daß es sich um ein GANZ SPEZIELLES SONDERANGEBOT handelt." "Ich glaube nicht, daß ..." stammelt er, als er eine Broschüre öffnet, um festzustellen, daß ich die Wahrheit gesagt habe. "Nun, aber ich denke, sie ist mit Sachverstand erstellt worden." "Gut kopiert, trifft es wohl eher." "Aber die Software wurde von erfahrenen Profis entwickelt, die die Orientierung auf das Geschäft immer im Auge haben - eine Tatsache, die ihnen geholfen hat, ähm ..., unumstrittener Marktführer im Bereich der Nachrichten-Übermittlungs-Software zu werden!" plappert er los, wobei er offensichtlich ein paar Satzfetzen aus seinem Gehirn mit Worten, die er auf der Titelseite der Broschüre gelesen hat, kombiniert. "SCHNELL UMUMSTRITTENER MARKTFÜHRER GEWORDEN IN ..." wiederhole ich. "Mit anderen Worten: ´Wir haben über einen neuen Weg nachgedacht, ein gelöstes Problem erneut zu lösen, haben ihm eine griffige Phrase für die Werbung verpaßt, so daß wir Marktführer sind, weil vorher niemand diesen Begriff verwendet hat!´." "Ich glaube nicht ..." "Oh, sehen sie!" rufe ich und deute auf den PJ. "Hier kommt die Person, die in kürzester Zeit der unumstrittene Marktführer im Bereich des Kabeltransports aus dem Lager wurde. Oder, wie wir es gern nennen, dem ´Management physischer Medien zum Datentransport´." "Ja, ja, sehr lustig, aber ich denke, daß ..." "Warten sie bitte einen Moment, ich bekomme gerade einen Anruf von jemandem, der mir sagen will, wer in kürzester Zeit Marktführer bei technischen Kommunikations-Protokollen werden wird", rufe ich und beantworte einen Anruf. "Glauben sie, daß es die Person sein könnte, die der Marktführer für die Rückkopplung beim Lebensmittelverkauf wird - und fragt, ob ich Senf zu meinem Mittagessen will?" "Sie sind ein richtiger Zyniker", seufzt der Chef traurig und schüttelt seinen Kopf, als er langsam hinausschleicht. "ZYNISCH!" rufe ich und versuche, ihn zum Bleiben zu bringen, was mir allerdings mißlingt. "Das ist die Computer-Branche, die geschaffen wurde, um gescheiterten Gebrauchtwagenverkäufern eine neue Chance zu geben!" Aber es ist zu spät, der Chef ist verschwunden. "Worum ging es denn?" will der PJ wissen. "Software-Müll." "Vom unumstrittenen Marktführer im Bereich der Nachrichten-Übermittlungs-Software?" fragt der PJ. "Ja - woher wissen sie das?" "Ich habe es vor ein paar Tagen auf einer Broschüre gesehen - ich habe ihr Exemplar gleich in den Mülleimer entsorgt." "Danke. Aber worum ging es denn dabei eigentlich?" "Ein leicht angepaßtes E-Mail-Programm, das beim Start das Firmenlogo zeigt." "Interessant. Wie kommt es, daß sie sich damit so gut auskennen?" "Die Broschüre ist von mir!" gibt der PJ selbstgefällig zu. "SIE VERKAUFEN SOFTWARE-SCHOTT!?!?" rufe ich leicht entsetzt über den charakterlichen Mangel des PJs. "Ohne mich einzuweihen!?" "Ach was, sie sind in der zweiten Broschüre vertreten - als ´unumstrittener Markführer für plattform-unabhängigen Datentransfer´ ..." "?" "Ein FTP-Programm mit dem Firmenlogo ..." "Was kostet es?" "Das ganze Paket? Vier Pfund pro Nutzer." "Dummkopf!" "Zu teuer?" fragt der PJ. "Nein, ich habe es dem Chef nur gerade ausgeredet. Jetzt brauchen wir etwas, das überzeugender wirkt." "Verdammt. Wir könnten eine Pressemeldung von Gartner fälschen?" "Zu kompliziert für ihn - er weiß nicht einmal wer die sind!" "Ein bearbeitetes Bild von Bill Gates mit der Software?" "Schon besser, aber wir brauchen etwas, daß glaubwürdiger ist ..." "Ein gefälschtes Titelbild eines Computer-Magazins!" "DAS IST ES!" rufe ich. ... Einen halben Tag und eine glänzende Seite später ist der Chef überzeugt und die Bestellungen kommen herein. Und, wer hätte das geahnt, der Chef hat das Programm einem seiner Freunde empfohlen, der ebenfalls sehr neugierig ist ... Integrität ist der Schlüssel. Wenn man ihn fälschen kann ... |
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© Simon Travaglia, 30.03.2000, Übersetzung: thomas w., 2001. |